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  • AutorenbildLara

Ich bin Europameisterin!



Ich kann es selbst immer noch kaum glauben, dass ich es tatsächlich geschafft habe: Ich bin Junioren Europameisterin 2021.


Ich habe schon lange das Ziel, einmal eine Medaille auf einer Europa- oder Weltmeisterschaft zu holen. Bisher hatte ich zwar schon drei Top-Ten Platzierungen bei Jugend-Weltmeisterschaften, davon ein Vierter Platz bei der Weltmeisterschaft 2019 in Mumbai, bei dem ich denkbar knapp an der Bronzemedaille vorbeigeschrammt bin. Nun habe ich mein Ziel erreicht. Es ist nicht nur ein Medaillenplatz, sondern sogar die Goldmedaille. Darauf bin ich sehr stolz und überglücklich einen internationalen Titel errungen zu haben.





Nach der 6.Runde stand ich, wie in meinem letzten Blogeintrag berichtet, noch auf dem dritten Platz hinter der Russin Anna Afonasieva und der Polin Alicja Sliwicka. In Runde 7 verbesserte ich mich mit einem Sieg gegen die Türkin Sude Hereklioglu schon auf den 2.Platz, da Afonasieva gegen Sliwicka verlor.


Die Situation vor Runde 8 war also wie folgt: Sliwicka stand mit 6,5 Punkten an der Tabellenspitze, ich folgte mit einem ganzen Punkt Rückstand, also mit 5,5 Punkten auf Platz 2. Wiederum einen halben weniger hatte Afonasieva. Mir war also klar, dass ich im Falle eines Sieges in meinem Duell gegen Sliwicka in Runde 8 sehr nah am Europameistertitel sein würde. Denn bei Punktgleichheit zählt der direkte Vergleich als Feinwertung, den ich ja dann gegen Sliwicka gewonnen hätte. Im Falle eines Remis, hätte Sliwicka den Punkt Vorsprung behalten und ich hätte mich mit Afonasieva um die Plätze 2 und 3 streiten müssen. Im Falle eines Verlustes hätte ich aufpassen müssen, nicht noch ganz aus den Medaillenrängen hinauszufallen. Ich befand mich also in der 8.Runde mit Schwarz in einer Must-Win-Situation, um gute Chancen auf den Titel zu haben. Keine einfache Ausgangssituation, denn der Druck war natürlich entsprechend hoch. Ich verbot mir den ganzen Tag, sowohl vor als auch während der Partie, an das Ergebnis zu denken. Sowie ich zu Gedanken wie „Wenn ich gewinne…“, „wenn ich Remis spiele…“, „ich darf nicht verlieren…“ abschweifte, versuchte ich mich zusammenzureißen, mich allein auf das Spielen der Partie zu fokussieren und Spaß am Schach zu haben.



In der Partie überraschte ich Sliwicka damit, gegen 1.e4 wieder die sizilianische Rauzer-Variante zu spielen statt 1…e5, wie ich es vorher in diesem und den letzten Turnieren immer getan hatte. Mein Trainer GM Dmitrij Kollars und ich hatten eine nette Idee gegen ihre Nebenvariante ausgeklügelt, die dann auch tatsächlich aufs Brett kam. Sie reagierte nicht optimal, sodass ich schon nach der Eröffnung eine angenehmere Stellung mit dem Läuferpaar erhielt. Stück für Stück überspielte ich sie und hätte schon zum finalen Schlag ansetzen können. Doch ausgerechnet in der Gewinn-Variante sah ich Gespenster und ging davon aus, dass ihr König in der Mitte überleben würde. Dann war die Stellung wieder ausgeglichen, aber immer noch leichter zu spielen für mich. Ich überspielte sie das zweite Mal in einem Endspiel mit Dame und Läufer gegen Dame und Springer. Dieses Mal ließ ich auch nichts mehr anbrennen und holte den Sieg. Was für eine Partie! Conrad Schormann alias Die Perlen vom Bodensee hat in diesem Video die Partie analysiert. Vielen Dank dafür!


Jetzt hatte ich es selbst in der Hand den Titel nach Hause zu holen. Ich musste „nur“ genauso viele Punkte holen wie Sliwicka und Afonasieva, damit ich den Titel in der Tasche habe. Schnell spielten sowohl Afonasieva und Sliwicka Remis, sodass mir auch selbst ein Remis gegen die Rumänin Denisa-Andreea Bucur reichte. Ich versuchte zwar zunächst noch meine klar bessere Stellung zu gewinnen, irgendwann verlor ich aber nach und nach den Faden und bot Remis an, um den ersten Platz abzusichern. Als sie mein Remisangebot annahm wusste ich, dass ich geschafft habe. Ich bin Europameisterin U20w 2021!


Am Samstag findet eine Online-Siegerehrung über Zoom statt, bei der die Medaillengewinner geehrt werden.


An dieser Stelle möchte ich mich bei ganz vielen Leuten bedanken, die mich auf dem Weg zum Titel unterstützt haben:


Allen voran geht ein dickes Dankeschön an meine Familie, die bei jeder einzelnen Partie pausenlos mitgefiebert, mich immer motiviert und mir den Rücken freigehalten hat.


Einen riesigen Dank verdient mein Trainer GM Dmitrij Kollars für die geniale Vorbereitung während des Turniers, seine einzigartigen schachlichen Ideen und seine starken Nerven, die er schon in vielen Turnieren und Trainingsstunden mit mir aufbringen musste.


Ein weiteres Danke gilt IM Jonathan Carlstedt, der mich als Trainer schon jahrelang coacht, unterstützt und voranbringt.


Vielen Dank an meinen Verein Werder Bremen, der mich unterstützt und mit zahlreichen Gratulationen seine Anerkennung für meine Erfolge zum Ausdruck bringt.


Danke schön an den Deutschen Schachbund für die Förderung, die mir schachlich mehr Möglichkeiten eröffnet und für die Glückwünsche.


Danke an Bernd Vökler und das Ausrichterteam für den reibungslosen Ablauf des Turniers.


Ein großer Dank geht an meine Schach-Fans, die meine Partien verfolgt und mir die Daumen gedrückt haben. Danke für die unendlich vielen Motivations- und Glückwunschnachrichten, die ihr mir über WhatsApp, Instagram, Facebook, Twitter, per Telefon, Discord, eMail, SMS, usw. zukommen lassen habt.


Eure Lara






Partieanalyse Perlen vom Bodensee: https://youtu.be/4Rz8KgOgaUQ

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