Seit letztem Wochenende bin ich Deutsche Meisterin im Schnellschach 2021!
Am Wochenende, 25.-26.September, fand in Lübeck die Deutsche Meisterschaft im Schnellschach statt. Ich holte 8,5 Punkte aus 9 Runden und bin damit Deutsche Schnellschachmeisterin 2021. Ein großes Dankeschön an dieser Stelle für die vielen Gratulationen, die ich per Mail, über Facebook, Instagram, Twitter, WhatsApp, SMS usw. erhielt!
Das Turnier lief einfach rund! Ich war wie im Flow und gewann eine Partie nach der anderen. Natürlich bin ich mit dem Ziel angereist, Meisterin zu werden. Aber dass alles so glatt läuft, hätte ich nicht gedacht.
Es wurde im Modus 15 min + 10 Sekunden pro Zug gespielt. Der Spielort war im Lübecker ****Hotel Hanseatischer Hof und bot eine hervorragende Turnieratmosphäre. Am Samstagnachmittag fanden die Runden 1-5 statt, am Sonntagvormittag die restlichen Runden 6-9. Da man sich auf eine Schnellschachmeisterschaft nicht eröffnungstheoretisch vorbereiten kann, habe ich am Samstagvormittag unmittelbar vor dem Turnierbeginn einen ausgiebigen Spaziergang am Timmendorfer Strand gemacht und ging erholt an die Bretter.
In Runde 1 spielte ich gegen Lepu Coco Zhou, die ebenfalls schon einige Male Deutsche Jugendmeisterin war. In der Diagrammstellung nahm sie zu gierig den a6-Bauern raus. Das erlaubt mir sie mittels Dxa5 Txa5 Txb4 in Probleme zu bringen. Der einzige Weg den Bauern auf e4 zu decken, besteht in Sd2, dieser wird aber mit Td4 angegriffen und kann nicht gedeckt werden, da Ta2 in Txd2 Txd2 Txa6 und Te2 in Lc8 läuft. So konnte ich das Turnier mit einem Sieg beginnen.
In Runde 2 erreichte ich gegen Estelle Morios Philidor Verteidigung direkt aus der Eröffnung eine klar bessere Stellung und ließ nichts mehr anbrennen.
Danach folgte das Duell gegen die spätere Vizemeisterin WGM Carmen Voicu-Jagodzinsky. Es war eine spannende Partie, in der Carmen gegen mich zwischenzeitig sogar zwei Figuren opferte, um einen Mattangriff zu bekommen. Allerdings konnte ich mich erfolgreich verteidigen, sodass mein Materialvorteil schließlich die Partie zu meinen Gunsten entschied.
Annmarie Mütsch packte in Runde 4 gegen mich eine ungewöhnliche Variante im Rossolimo-Sizilianer aus. Dadurch bekam ich allerdings einen langfristigen positionellen Vorteil. Als sie sich daraus zu befreien versuchte, entstand folgende Stellung:
Einen Zug vorher spielte ich 15.Sf5, um die Deckung des Sh3 zu unterbrechen. Schwarz versuchte mit 15…d5 zu kontern.
Ich fand die stärkste Erwiderung darauf: 16.La2!
16.Lxd5 läuft in 16…Lxf5 17.exf5 Dxd5 und nach 18.fxg6 oder 18.Kxh6 hat Weiß nur noch einen kleinen Vorteil und Schwarz viel Gegenspiel.
16.Lb3 lässt die Extraoption 16…c4 zu.
Nach 16.La2 hat Schwarz keine gute Antwort. Der Springer auf h4 hängt, nach 16…Sg5 folgt 17.Sxg5 hxg5 18.Dh5 und Weiß gewinnt Material. Ähnlich ist es nach 16….dxe4 17.dxe4 Sg5.
In der Partie folgte 16…Se7, wonach ich mit 17.Sxe7 Dxe7 Lxd5 einen wichtigen Zentrumsbauern und später die Partie gewann.
Jetzt stand ich mit 4/4 zusammen mit WGM Marta Michna an der Spitze, die bisher auch alle 4 Partie gewonnen hatte. Auch sie spielte die Philidor Verteidigung gegen mich.
Hier gibt es verschiedene Wege zum Vorteil. Ich wählte 15.e5!? mit der Idee 15…dxe5 16.Sxb5, da der c-Bauer gefesselt ist (16….cxb5 17.Lxb7 mit Doppeldrohung Lxa8 und Lc6).
Es entstand wenig später das für mich klar bessere Endspiel mit Läuferpaar und Bauernmehrheit am Damenflügel.
Hier aktivierte ich meine Bauernmehrheit am Damenflügel mit 21.c4 Sf4 22.b4 und gewann wenig später die Partie.
Damit hatte ich also nach dem ersten Tag 5/5 und schon einen ganzen Punkt Vorsprung auf meine Verfolgerinnen. Trotzdem waren natürlich noch vier wichtige Runden zu spielen, bei denen man nicht nachlassen darf.
In der ersten Runde am Sonntag spielte ich gegen meine allererste Schachtrainerin Marine Zschischang. Sie brachte den Torre-Angriff gegen mich aufs Brett, geriet aber schnell im Zentrum unter Druck. Ich beendete die Partie mit einem Mattangriff, den ich durch Turmschwenks einleitete. An dieser Stelle ergab sich für mich die Taktik Txf2 Txf2 Dxg3, wonach Marine aufgrund des unverhinderbaren Matts aufgab.
Aus den Runden 7 und 8 konnte ich gegen Simona Gheng und WIM Anna Dergatschova ebenfalls die vollen Punkte mitnehmen. Damit stand ich bereits eine Runde vor Schluss als Deutsche Meisterin fest, da ich schon 1,5 Punkte Vorsprung auf die Zweitplatzierte Carmen hatte und ich damit nicht mehr eingeholt werden konnte.
In Runde 9 gab ich gegen Elina Heutling trotzdem nochmal alles, sie verteidigte sich im Turmendspiel aber hartnäckig und ich kam in der Schlussrunde nicht über die Punkteteilung hinaus.
Neben dem Titel und dem satten Preisgeld gewann ich auch 65 Schnellschach-Elopunkte. Dieses Wochenende hatte sich wahrlich gelohnt. Wie ich erfahren durfte, ist dies der erste Titelgewinn einer Spielerin aus Bremen auf nationaler Ebene seit über 30 Jahren.
Morgen startet die Deutsche Ländermeisterschaft in Neumünster (1.-6.Oktober), bei der ich als Teil der Bremer Mannschaft dabei bin. Drückt uns die Daumen, dass wir noch einen weiteren Titel nach Bremen holen. 😉
Die Bundesländer treten in 7 Runden mit „normaler“ Bedenkzeit 90 min für 40 Züge + 30 min Aufschlag und 30 sec. pro Zug gegeneinander an. Die Teams bestehen aus 8 Spielern (je ein Spieler U20, U18, U16, U14, U12 und je eine Spielerin U20, U16 und U12).
Für mich steht anschließend ein Lehrgang mit unserem neuen Bundestrainer GM Yuri Yakovich vom 8.-15.Oktober und die Hybrid Europameisterschaft vom 15.-22.Oktober auf dem Programm. Davon werde ich euch aber in den folgenden Blogeinträgen noch genauer berichten.
Bis bald,
eure Lara
Ergebnisse DFSEM bei chess-results: http://chess-results.com/tnr577601.aspx?lan=0
Website DLM: https://www.deutsche-schachjugend.de/2021/dlm/
Fotografin: Sandra Schmidt
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