Bronze-Medaille bei der Mannschafts-Europameisterschaft
- Lara
- vor 16 Minuten
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Wir, die deutsche Frauen-Nationalmannschaft, haben die Bronze-Medaille bei der Mannschafts-Europameisterschaft in Batumi, Georgien gewonnen.
Dies ist die erste Medaille einer deutschen Frauen-Nationalmannschaft seit knapp 50 Jahren und die allererste bei einer Mannschafts-Europameisterschaft überhaupt.
Vor dem Turnier gaben wir als Ziel eine Top-Ten-Platzierung an. Im Interview sagte ich, dass eine Medaille natürlich unser absoluter Traum wäre, aber es auch einfach sehr, sehr schwierig sei, dies zu schaffen. Und nun haben wir es geschafft - unser Traum ist wahr geworden!

Wie immer möchte ich hier in meinem Blog noch einmal die Erlebnisse, den Turnierverlauf und die Highlights aus meiner Sicht schildern.
Am 05. Oktober startete das Turnier im *****Grand Bellagio Hotel direkt am Meer. Gespielt wurden 9 Runden mit klassischer Bedenkzeit. Wir waren 5 Spielerinnen für 4 Bretter, eine Spielerin setzte also immer aus.
Unsere Mannschaft bestand aus Dinara Wagner, Hanna Marie Klek, Josefine Safarli, Kateryna Dolzhykova und mir. Captain war unser Bundestrainer Zahar Efimenko und zusätzliche Hilfe bekamen wir von unserem zweiten Trainer Wolodymyr Baklan.
Jeden Tag begann die Partie um 15 Uhr. Am Vorabend besprachen wir bei einer gemeinsamen Team-Sitzung, wer von uns am nächsten Tag spielt. Anschließend starteten wir mit Zahar und Wolodymyr unsere Vorbereitung, um diese dann am nächsten Vormittags vor der Partie zu intensivieren.
Wir hatten einen perfekten Start ins Turnier: Wir besiegten zunächst das ambitionierte Jugend-Team der Ausrichternation Georgien 3 und anschließend die Türkei. Dann kam es zum Match mit Georgien 1, den Titelfavoritinnen, das meine Mannschaft ebenfalls sensationell gewann.
Auch Aserbaidschan konnte uns nicht stoppen und so hatten wir nach 4 Runden 100% der Mannschaftspunkte.

Die ersten Punkte mussten wir danach gegen die späteren Gold-Gewinnerinnen aus Polen abgeben, gegen die wir verloren.
Wir fingen uns aber schnell wieder, ließen ein 2-2 gegen die Ukraine folgen und gewannen gegen Rumänien.

Nach 7 Runden waren wir damit hinter Polen zusammen mit der Ukraine auf den Plätzen 2-3. Noch zwei Runden waren zu spielen und wir gaben alles, um diesen Medaillenplatz zu halten.

In Runde 8 besiegten wir Griechenland und brachten uns damit in eine sehr komfortable Ausgangslage: Wir hatten nun so viel Vorsprung auf die meisten Teams, dass selbst ein Verlust in der letzten Runde uns zu 99% die Medaille nicht mehr vermiesen konnte.
Leider kam es tatsächlich so, dass wir uns in der letzten Runde gegen Bulgarien geschlagen geben mussten. Das trübte die Stimmung aber kaum, denn wir hatten vorher schon so viele Punkte gesammelt, dass uns die Bronze-Medaille nicht mehr zu nehmen war.
Was für eine grandiose Team-Leistung: Bronze für Deutschland!

Ich persönlich holte 4,5 Punkte aus 7 Partien. Dabei steuerte ich gegen die Türkei und Griechenland zwei wichtige Siege bei und spielte gegen meine Gegnerinnen aus Georgien 3, Aserbaidschan, Ukraine und Bulgarien Remis. Ein sehr ärgerlicher Fehler unterlief mir gegen Polen, sodass ich diese Partie verlor.
Aus meinen beiden Gewinnpartien möchte ich euch gerne noch die wichtigsten Augenblicke zeigen:

Dies war meine Stellung gegen Elif Yildiz aus der Türkei. Hier hat der weiße Springer auf g4 große Probleme, denn er hat gar keine Felder mehr zur Verfügung. Dies konnte ich mit h5 ausnutzen. Nach Txe8 Txe8 Lxg6 geht der Turm einfach zurück nach h8 und deckt wieder den Bauern auf h5. Nun lässt sich der Materialverlust für Weiß nicht vermeiden.
Eine Anekdote zu dieser Partie: Als ich gerade im Spielsaal umherspazierte, stolperte ich auf einmal. Dann merkte ich, dass ein Absatz meiner hochhackigen Schuhe abgebrochen war. Da ich in diesen Schuhen nun so nicht mehr laufen konnte, stand ich auf einmal ohne Schuhe da. Zum Glück half mir ein Schiedsrichter, der neue Schuhe aus meinem Zimmer holte. Sowas ist mir vorher auch noch nie passiert....

Gegen Georgia Grapsa aus Griechenland ging ich auf Bauern-Einsammel-Tour mit meiner Dame. Nun musste ich mich jedoch gut am Königsflügel verteidigen, damit die Sache nicht nach hinten losging. Hier war h6 wichtig, um den Bauernvorstoß h5-h6 zu verhindern. Anschließend musste man darauf achten, dass keine Dame-Läufer-Batterie in Richtung h7 aufgebaut werden konnte. Dies gelang mir und so zog ich - langsam, aber sicher - meine Damenflügel-Freibauern nach vorne und gewann die Partie.

Nach der letzten Runde stießen wir erstmal auf unsere Medaille an und feierten diese anschließend beim gemeinsamen Khinkali-Essen. Khinkali sind gefüllte Teigtaschen und stellen neben Khachapuri das georgische Nationalgericht dar.
Bei der Siegerehrung war es ein ganz besonderer Moment für uns alle, als uns unsere Bronze-Medaillen verliehen wurden.
Das ganze Turnier über hatten wir eine tolle Stimmung im Team, wir haben uns immer gegenseitig unterstützt und haben sehr gut zusammengearbeitet. Es hat unglaublich viel Spaß gemacht!
Angereist sind wir schon am 01. Oktober, ein paar Tage eher als der offizielle Anreisetag am 04. Oktober. So hatten wir vor Turnierstart noch ein bisschen Zeit, die Umgebung zu erkunden, zu entspannen und zu trainieren, um dann in guter Stimmung in das Turnier zu starten.
Mein Freund Dominik begleitete mich in der ersten Woche des Turniers. So nutzen wir die freie Zeit vor dem Turnier u.a. um uns die Ali und Nino Statuen anzuschauen, eine Tour mit dem Riesenrad zu machen, den Alphabetic-Tower zu besichtigen, mit der Seilbahn zu einer schönen Aussichtsplattform zu fahren und im schwarzen Meer zu baden. Außerdem haben wir einen Ausflug zum botanischen Garten gemacht, bei man eine großartige Aussicht auf das Meer hatte. Batumi war sehr beeindruckend: Wenn man die lange Promenade am Meer entlang spaziert, sieht man die unterschiedlichsten Architekturstile. Supermoderne Glas-Hochhäuser wechseln sich ab mit etwas heruntergekommen Bauten aus Zeiten der Sowjetunion. In einem Hochhaus ist sogar ein eingebautes Riesenrad in den oberen Etagen zu sehen. Verrückt...
Das Turnier war eine einzigartige Erfahrung! Vielen Dank an unsere Trainer Zahar und Wolodymyr, vielen Dank allen, die uns unterstützt haben und vielen Dank an alle, die uns die Daumen gedrückt haben!

Nun geht für mich direkt weiter zum nächsten Turnier. Gerade bin ich auf dem Weg von Batumi nach Rhodos, wo in wenigen Tagen der European Club Cup startet. Dort trete ich mit der Mannschaft meines Vereins Werder Bremen an, dieses Mal in der Herren- bzw. offenen Kategorie.
Bei den Top-Teams ist u.a. auch der amtierende Weltmeister Gukesh gemeldet. Den Spielort kenne ich bereits, dort habe ich letztes Jahr die Frauen-Europameisterschaft gespielt.
Bis bald, eure Lara
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