Vom 23.-30.3. trat ich bei der Bremer Meisterschaft an, um meinem Titel aus dem Vorjahr zu verteidigen. 2023 lief es bei der Bremer Meisterschaft wie geschmiert: Ich holte 8,5/9 und stand bereits eine Runde vor Schluss als Bremer Meister (der Herren) fest.
Auch dieses Jahr lief es super: Ich erspielte mir 8 Punkte aus 9 Runden, was in diesem Jahr allerdings "nur" den Vize-Meistertitel bedeutete.
Ich startete mit überzeugenden 4 Siegen aus 4 Partien gegen Bernhard Künitz, Valentin Genov, Torsten Bennecke und Klaus Rust-Lux. Ein wiederkehrendes Motiv in diesen Partien waren meine Springer, die immer auf schöne Vorpostenfelder kamen oder wichtige Schwächen des Gegners ausnutzen konnten.
In Runde 1 stürzen sich alle meine Figuren auf den schwachen Bauern g6, der nicht mehr gut zu verteidigen ist. Eine ausführliche Analyse werdet ihr bald auf meinem YouTube-Kanal Lara’s Chess College finden.
In der zweiten Runde tauschte mein Gegner hier freiwillig auf f5. Ich nahm mit dem Springer zurück, sodass dieser wenig später auf seinem Traumfeld d4 landete, wo er nie wieder vertrieben werden konnte.
Auch in der nächsten Partie ist mein Springer der Matchwinner. Eine kleine Taktikaufgabe für euch: Weiß gewinnt Material.
Die Lösung findet ihr am Ende des Blogeintrages!
Einen weiteren Traumspringer bekam ich in der vierten Runde. Als nächstes nutzte ich hier die weiteren schwachen schwarzen Felder und aktivierte mit c5 nebst Td4 meine Schwerfiguren.
Danach folgte die wichtigste Partie des Turniers: Das Duell gegen den an 1 gesetzten Tobias Kügel, der nach 4 Runden ebenfalls bei 100% lag. Er neutralisierte mit Schwarz zügig meinen Eröffnungsvorteil und es sah ganz danach aus, als verflacht die Stellung in ein remises Endspiel. Mein Gegner entschied sich in folgendes Endspiel abzuwickeln und bot mir hier Remis. Hättet ihr es angenommen oder würdet ihr weiterspielen?
Ich lehnte kurzerhand ab, denn ich sah plötzlich wieder einige Gewinnchancen für Weiß. Ich spielte Da1+ nebst a4.
Mein Gewinnplan sah folgendermaßen aus: Der a-Bauer wird soweit nach vorne geschoben wie möglich (er kommt hier erstmal nur bis a4 und muss dann von der schwarzen Dame auf a5 blockiert werden). Dann stelle ich meine Dame auf das zentrale Feld d4. Von hier deckt sie die wichtigen Bauern a4 und f2 und blockiert den schwarzen Freibauern. Nun muss der König aktiviert werden, dieser wird bis nach b3 laufen. Im richtigen Augenblick biete ich dann den Damentausch mit Db4 an. Schwarz kann nie gut die Damen tauschen, da der entferntere Freibauer von Weiß im Bauernendspiel gewinnen würde. Die schwarze Dame muss also von ihrem Blockadefeld a5 weichen und der a-Bauer wird Stück für Stück weiter nach vorne geschoben.
Soweit der Plan. In der Praxis ist dies natürlich nicht ganz so einfach, Schwarz kann mit Dauerschachideen und eigenem Gegenspiel mit dem d-Freibauern dagegenhalten. Diese Stellung ist laut Engine übrigens noch ausgeglichen. Aber für Weiß ist sie definitiv einfacher zu spielen. Ich schaffte es sogar in eine Gewinnstellung zu kommen. In beiderseitiger Zeitnotschlacht gelang es mit allerdings nicht, meine Gewinnstellung zu verwerten und die Partie endete nach knapp 6 Stunden Spielzeit im Remis. Damenendspiele mit gefühlt tausenden Schach- und Abtauschmöglichkeiten in Zeitnot zu spielen, ist ein echter Stress! Jetzt mag man denken, dass ich das Remis ja auch schon Stunden vorher ohne Stress hätte haben können. Das ist natürlich richtig, aber wenn man solche leicht besseren Endspiele nicht auf Gewinn spielt, dann lässt man viele mögliche Punkte liegen, denn man gewinnt derartige Endspiele häufiger als man denkt.
Nun standen Tobias Kügel und ich also mit jeweils 4,5/5 an der Tabellenspitze, sodass sich ein spannendes Fernduell zwischen uns entwickelte.
In Runde 6 besiegte ich Fred Hedke in diesem Endspiel, bei dem ich eine Qualität mehr hatte. Überlegt euch gerne, wie ihr diese Stellung verwerten würdet.
Ich brachte meine Turm nach e7, um bessere Kontrolle über b7 zu bekommen. Danach kann die Dame aktiv werden und die weiße Stellung ist nicht mehr zu retten.
Ich besiegte Frank Peters in Runde 7, indem ich das Zentrum gegen seinen unrochierten König öffnete.
Matt in zwei Zügen! (Lösung am Ende des Blogeintrages)
In Runde 8 übersah mein Gegner Dennis Martin seine Grundreihenschwäche, sodass dies ein schneller Sieg wurde.
Zum Abschluss musste ich gegen IM Giorgi Chokhonelidze spielen. Nachdem ich mir zunächst einen kleinen Vorteil erspielte hatte, verlor ich den Faden, schwächte mich auf den weißen Feldern und verlor einen Bauern. Also zog ich die Notbremse und bot Remis an, was mein Gegner glücklicherweise annahm.
Da Tobias die letzte Runde gewann, bedeuteten meine 8 Punkte aus 9 Runden „nur“ den zweiten Platz. Trotzdem bin sehr zufrieden mit meinen Partien und meiner Leistung. Es sprangen ca. 25 Elopunkte bei einer Perfomance von 2450 für mich heraus. Ich bin nun gleichzeitig Bremer Vize-Meister (der Herren) und Bremer Meisterin 2024.
Mein Freund Dominik nahm auch am Turnier teil und belegte einen mittleren Platz. In Runde 4 gelang ihm eine spektakuläre Kurzpartie, in der er den Gegner nach nur insgesamt 9 Zügen Matt setzte.
Findet gerne den besten Zug für Weiß! (Lösung unterm Diagramm)
Lösung:
Db3! ähnlich wie in Morphys berühmter Opernpartie gewinnt auf der Stelle für Weiß. Es ging weiter mit Se7 Lf7+ Kd7 De6 Matt.
Mein nächstes Turnier ist die Frauen-Europameisterschaft, die vom 17.-30. April auf Rhodos/ Girechenland stattfindet. Ich freue mich schon darauf, eine Europameisterschaft ist immer etwas Besonderes.
Bis bald,
eure Lara
Lösungen:
Runde 3
Ich kann hier mit Sxf5 einen wichtigen Bauern einsammeln. Die Dame kann den weißen Springer nicht schlagen, weil Weiß sonst mit Dxb7 den Turm auf a8 gewinnt.
Runde 7
Ich setzte hier mit Txg8 Dxd8 De7# matt.
Titelbild: Jürgen Hurrle
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